Einmal mehr mussten wir herausfinden, dass erstens alles anders kommt und zweitens als man denkt. Unser ursprünglicher Plan, von Constanta per Schiff weiterzureisen ist kläglich gescheitert. Unser Masterplan sah vor, per Containerschiff direkt nach Asien transportiert zu werden. Viele Frachtschiffe nehmen auch Passagiere mit an Bord, das wird von verschiedenen Agenturen als besondere Art zu Reisen angeboten und verkauft. Daher gaben wir uns der Annahme hin, dass es auch möglich sein könnte, ein Schiff zu finden, dass auch Hunde an Bord gestattet. Übers Internet war wenig darüber herauszufinden - außer dass Tiere generell nicht erlaubt sind. So dachten wir, wir könnten direkt vor Ort eine Passage mit dem Frachtschiff organisieren: In Constanta, dem viertgrößten Hafen Europas und größtem Hafen am Schwarzen Meer sollte uns das doch gelingen?! So verbrachten wir ziemlich viel Zeit in dieser nicht unbedingt schönen Stadt. Wir durchkämmten das Internet nach brauchbaren Informationen. Wir klopften an diversen Türen von Agenturen für die Schifffahrt. Zu guter Letzt fuhren wir sogar mit unseren Fahrrädern durch dieses riesige Moloch - den Industriehafen. Dass wir überhaupt hereingelassen wurden, war nur unserer Sturheit zu verdanken: Das Sicherheitspersonal wollte uns wegschicken, doch wir gaben an, eine Verabredung mit einem Mitarbeiter dort zu haben.

Der Hafen war nur eines: Riesig, riesig, riesig. Wir hätten gut und gerne einen ganzen Tag dort radeln können, ohne eine Strecke zweimal zu sehen. Es hat den tristen Charme eines Industriegebietes: Viele verfallene Gebäude, verwirrende und spärliche Beschilderung, Menschen, die uns ansehen als gehörten wir nicht hierher - was ja auch stimmte. Nach drei ergebnislosen Stunden hatten wir genug und wollten nur noch raus hier. Immerhin hatten wir jemanden getroffen, der uns den Namen einer französischen Frachtschiffgesellschaft sagte, die auch Passagiere mit an Bord nimmt: CMA CGM. Eine email an CMA CGM blieb unbeantwortet, so rangen wir uns durch, in eine Telefonkarte zu investieren und nach Frankreich zu telefonieren. Ich erreichte die Dame sogar und fragte nach, ob es irgendwie möglich sei, Hunde an Bord zu transportieren. "Not at all", antwortete sie - und dann brach die Verbindung ab. Das war der Schlusstrich unserer Bemühungen und wir verließen Constanta gleich am nächsten Tag. Constanta mit einem normalen Schiff zu verlassen war ebenfalls nicht möglich: Sämtliche Verbindungen - egal ob nach Georgien, in die Osttürkei oder nach Istanbul - waren kürzlich eingestellt worden: Wegen der Wirtschaftskrise waren einige Linien pleite gegangen. Die einzige Möglichkeit, über das Schwarze Meer zu gelangen, war von Varna (Bulgarien) nach Batumi (Georgien). So befanden wir uns nach diesen Irrungen und Wirrungen schon bald auf dem Weg nach Bulgarien, Varna.

In Rumänien winkten uns die Menschen am Straßenrand oft fröhlich zu, Jung und Alt lächelte uns an, die kleinen, landwirtschaftlich geprägten Dörfer zu durchqueren machte große Freude. Die Bulgaren dagegen übten sich eher in Zurückhaltung: Wir ernteten sture, starrende Blicke und kaum ein Lächeln - nichtmal in Supermärkten oder Cafés. In Varna angekommen hatten wir schon genug von dem Land und freuten uns darauf, aufs Schiff nach Georgien zu kommen: Wir hatten es gerade rechtzeitig geschafft. Doch dann kam die Nachricht per email: Das Schiff legt nicht in Varna ab sondern im 30 Kilometer entfernten Beloslav! Das ist für uns beinahe eine Tagestour, doch zum Glück hatte sich auch der Abfahrtstermin um einen Tag verschoben. In Beloslav fuhr ich zum Hafen um nachzufragen, wann das Schiff denn ablegt. "Wahrscheinlich übermorgen", war die ernüchternde Antwort. Also noch zwei weitere Tage hier! In dieser Zeit gelang es allerdings den Bulgaren, dass ihr Land in unsere Gunst höher stieg. Am Morgen hatten wir von einem Angler kommentarlos einen Fisch geschenkt bekommen. Am Abend begann es in Strömen zu regnen, es wollte gar nicht mehr aufhören. Als wir uns gerade missmutig damit abgefunden hatten, unser Zelt im Regen aufzustellen und zwei klatschnasse Hunde darin zu beherbergen, bekamen wir eine Einladung von einem netten jungen Bulgaren, der wohl Mitleid mit uns hatte. Wir genossen einen trockenen, warmen, fröhlichen Abend mit ihm und seiner Freundin.